Home  ›  Archiv  ›  Suizidhilfe als Pflichtangebot?

Suizidhilfe als Pflichtangebot?

Der Kantonsrat stimmte am 23. Mai 2022 einer parlamentarischen Initiative vorläufig zu. Diese will sogenannte Selbstbestimmung am Lebensende – gemeint ist Suizid – auch in Alters- und Pflegeheimen.

Thomas Lamprecht EDU-Kantonsrat, Bassersdorf

Damit sollte das Gesundheitsgesetz ergänzt werden mit dem Recht der Bewohner in allen Altersheimen, den begleiteten Suizid in Anspruch zu nehmen. Das hätte auch für christliche Heime gegolten, welche ihren Bewohnern den Suizid gerade nicht nahelegen wollen. Somit wurde Suizidhilfe wieder einmal zum Reizthema. Strikt dagegen waren EVP, EDU und SVP. Was sollten wir tun?

Die Mitte brachte vor der zweiten Lesung vom 31. Oktober einen Rückkommensantrag ins Spiel. Sie forderte, es den privaten Alters- und Pflegeheimen freizustellen, ob diese in ihren Räumen Suizidhilfe zulassen oder nicht. Dieser Vorschlag entfachte erneut eine emotionale Debatte. Die Geister schieden sich an der Frage, was beim assistierten Suizid stärker zu gewichten sei: die Wahlfreiheit des Heims, der Mitarbeiter oder der Bewohner.

Ich argumentierte, dass die liberale Einstellung auch für Heime gelten soll und nicht nur für den einzelnen Menschen. Die Heime sollen aufgrund ihrer Werte und Überzeugungen ihr Angebot und ihre Hausordnung frei erstellen dürfen. Die Überzeugungen können christlich (Stichwort Nächstenliebe), konservativ (das Leben schützen und bewahren) oder diakonisch (Leidenden beistehen) sein. Mit der Gesetzesänderung möchte man solche Werte und die Freiheit einfach über den Haufen werfen und die Heime zwingen, Suizidhilfe anzubieten. Das ist keine Freiheit. Betagte Menschen sind konfrontiert mit der Endlichkeit des Lebens. Gerade sie sind auf Unterstützung und Bejahung angewiesen und bedürfen der Fürsorge. Und zwar einer menschlichen – keiner suizidalen – Fürsorge.

Dann wurde es spannend wie in einem Krimi. Zunächst unterlag der Antrag auf Freiheit für die privaten Heime äusserst knapp mit 80 zu 81 Stimmen.

«Das ist ein Zufallsentscheid», wandte ein Kantonsrat ein. Ihm war zu Ohren gekommen, dass ein Parlamentsmitglied aus Versehen den falschen Knopf gedrückt hatte. Deshalb stellte er den Antrag, die Abstimmung zu wiederholen.

Im zweiten Anlauf drehte das Resultat: Der Antrag der Mitte wurde mit 81 zu 80 Stimmen angenommen. Somit können die privaten Heime – also auch die meisten christlichen – weiterhin selbst bestimmen, ob sie begleiteten Suizid zulassen oder nicht.


Wir sehen in diesem Resultat und wie es zustande kam die Hand Gottes, der viele Gebete erhört hat.