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Sag niemals nie!

Am 6. November 2020 erhielt dieser Spruch für mich eine ganz neue Bedeutung. Es war ein langer Tag mit vielen Auf und Abs. Im Hinterkopf hatte ich, dass am Abend die Entscheidungsversammlung der EDU Sektion Bubikon-Wolfhausen stattfinden wird. Es ging um die Frage, ob die seit vier Jahren auf Eis liegende Ortssektion neu aufleben oder definitiv aufgelöst werden würde.

Jacqueline Bachmann, Präsidentin der EDU Sektion Bubikon-Wolfhausen, Bubikon

Ich arbeite auf der Gemeindeverwaltung in Seegräben und fasste bei den letzten Kantonsratswahlen den Auftrag, im Namen des Gemeinderates Gratulationskarten an die Gewählten zu versenden. Eine kleine Handnotiz von mir in der Karte z.Hd. von Erich Vontobel bewegte ihn dazu, mich zur Entscheidungsversammlung einzuladen. Ich liess mir die Option bis kurz vor Versammlungsbeginn offen. Am Znachttisch fragten mich meine WG-Kolleginnen, ob ich nun in die Politik einsteigen werde. Ich verneinte und sagte: «Ich könnte nie in die Politik.»
Wenn ich gewusst hätte, was mich an diesem Abend erwartete, wäre ich weit weggerannt. Nichtsahnend setzte ich mich zu den Versammelten und folgte den Referaten und Diskussionen. Die Hauptfrage an diesem Abend: Lässt sich wieder ein Vorstand formieren oder nicht?
Wie bedeutend eine Ortssektion ist, um den nötigen Wähleranteil für Mandate auf kantonaler Ebene zu erreichen, wurde mir nach den Ausführungen von Erich Vontobel bewusst. Einige erklärten sich bereit, im Vorstand mitzuhelfen. Doch niemand wollte das Präsidium übernehmen; jemand mit der Begründung: Er schreibe und spreche nicht gerne. Mein Spontangedanke: Das mache ich gerne!

Fabian Winiger erzählte die Geschichte aus 1. Samuel 17 (David und Goliath). Die traf mich. Wildes Herzklopfen setzte ein. Eine kurze Gedenkpause gab mir Zeit, mich im Treppenhaus zurückzuziehen und das 17. Kapitel aus 1. Samuel nochmals in Ruhe zu lesen. Ich sah so viele Parallelen: David ging aufs Feld, nur um zu fragen, wie es seinen Brüdern geht. – Ich wollte ebenfalls lediglich wissen, wie es mit der Ortssektion weitergehen würde. / Die Philister forderten Israel bereits 40 Tage zum Kampf heraus. – Vier Jahre schon lag die Ortssektion auf Eis. / David war jung und in dieser Kampfart nicht ausgebildet. – Ich war noch nicht einmal Mitglied der EDU und das Fachwissen aus dem Verwaltungskontext unterschätzte ich….
Zurück im Versammlungsraum hörte ich mich nach weiteren Diskussionen sagen – als würde ich neben mir sitzen: «…und stelle mich hiermit als Präsidentin zur Verfügung». Gesagt – gewählt. Beflügelt radelte ich nach Hause. Nichtglaubend, wie sich eine Situation innert zwei Stunden verändern kann und dennoch mit einem tiefen Frieden im Herzen. Die Entscheidung bereute ich bis heute noch nie. Nun weiss ich, wie sich eine Berufung anfühlt. Wenn Gott ruft, dann ruft er und schenkt Bereitschaft; auch für Aufgaben, die wir uns selbst nie zutrauen würden.
Sag niemals nie.

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