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Sag mir, wie du heisst

Namen und Bezeichnungen können uns beeinflussen. Was im Alltäglichen meist harmlos ist, wird in der Informationspolitik zur Waffe.

Dr. med. Karin Hirschi, Redaktion «Standpunkt»

Alltags-Wortspiele

Um das zu verdeutlichen, nehme ich ein harmloses Beispiel: Zweiradfahrzeuge.
Vom Erfolgsmodell «Velo» gibt es immer mehr Varianten. Eine ist das «Elektrovelo», kurz «E-Bike» genannt, was wiederum von einigen als «Easy-Bike» interpretiert wird, weil man damit bequemer vorwärtskommt. Kritiker nennen es «AKW-Töffli». Apropos «Töffli»: Das ratternde und meist stinkende Gefährt, das in meiner Schulzeit sehr beliebt war, wurde hinter vorgehaltener Hand auch «Furz-Velo» genannt; dies meist von denen, die aus irgendeinem Grund kein solches besassen. Wem sein «Chlapf» zu langsam war, der «frisierte» ihn – dann stank es noch mehr.
Jede Benennung enthält eine zusätzliche Botschaft: Über technische Eigenschaften, den Komfort, problematische Seiten oder die persönliche Haltung. Manche Ausdrücke finden auch einfach deswegen Verbreitung, weil sie witzig sind.

Schlagwörter

Demgegenüber sind zahlreiche Schlagwörter aus Gesellschaft und Politik nicht harmlos. Mit kaum etwas anderem lässt sich die öffentliche Meinung so leicht lenken. Während wir den Inhalt von Zeitungsartikeln meist rasch vergessen, bleiben Schlagwörter noch lange haften. Manchmal reicht es, wenn wir sie einmal gehört haben. Plötzlich sind sie in aller Munde und machen Stimmung. Durch sie wird Macht ausgeübt. Sie scheinen die ganze Wahrheit zu fassen (was nie stimmt) und lassen entsprechend keine andere Auffassung neben sich gelten. So spalten sie die Bevölkerung. Wer sie anzuzweifeln wagt, fasst ein Tabu an und gerät ins Kreuzfeuer.

Dramatisierung und Ablenkung

Schlagwörter aus älteren Zeiten waren der Wahrheit oft noch nahe. Der Ausdruck «Umweltverschmutzung» zum Beispiel bezeichnet treffend ein bis heute aktuelles Problem, so auch «Elektrosmog». Durch Abfälle, Abgase, Spritzmittel und Strahlung ist unsere Gesundheit gefährdet – die Massenmedien müssten eigentlich täglich voll sein davon. In Deutschland, wo die Strahlungs-Grenzwerte um mehr als hundertmal höher sind als in der Schweiz, sterben neben manchen Antennen die Bäume ab. Was mag dies wohl mit den Menschen machen?

Aber statt deswegen Alarm zu schlagen, wird uns mit der «Klimakatastrophe» der Kopf gewaschen, der «CO2-Treibhaus-Effekt» werde unseren Planeten vernichten… Und obwohl die Eisfläche der Antarktis seit einiger Zeit wieder wächst und eine Tendenz zur Abkühlung signalisiert, werden in Holland Landwirte enteignet, weil angeblich ihr Vieh zu viel CO2 und Methan produziert. Schlagwörter sind nicht einfach Redensarten; sie fordern Opfer.

Spaltungen

Die meisten modernen Schlagwörter sind noch perfider: sie greifen direkt Menschen an. «Coronaleugner», «Schwurbler», «Verschwörungstheoretiker», «Maskenverweigerer», «Massnahmenkritiker», «Impfskeptiker», «Pandemietreiber» … Solche Schlagwörter transportieren nicht Informationen, sondern heizen Feindschaft an. Wie anders hätte geklungen: «Impfskepsis» (statt «-skeptiker») und «Massnahmenkritik» (statt «-kritiker»). Da hätte man diskutieren können – und müssen.

Aber auch die «Massnahmenkritiker» hatten ihre Schlagwörter: «Plandemie», «Spikung», «Maulkorb», «Impfterror» … All dies greift zu kurz, die Zusammenhänge sind komplexer. Aber man muss diesen Schlagwörtern zugutehalten: Sie richten sich nicht gegen Menschen, und ihre Aussagen können geprüft werden. Sie provozieren, regen aber auch zum Nachdenken an.

Wohin mit Schlagwörtern? Mein Vorschlag: Sie als solche entlarven und gründlich durchdenken. Dann zeigt sich, wo ein berechtigtes Anliegen dahintersteckt, und welchem Schlagwort seine Schlagkraft gebrochen werden muss.

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