Rehabilitationszentrum San Patrignano – eine Erfolgsgeschichte
Die Schweizerische Vereinigung Eltern gegen Drogen hat schon mehrmals Reisen nach San Patrignano bei Rimini organisiert, bei welchen Politikerinnen und Politiker, Behördenmitglieder, Sozialarbeiter sowie Eltern von süchtigen Kindern Gelegenheit hatten, sich vor Ort über die mehr als 40-jährige Erfolgsgeschichte dieser einzigartigen drogentherapeutischen Lebensgemeinschaft zu überzeugen. Leider haben nur interessierte Eltern, aber keine für die staatliche Suchthilfe Verantwortlichen teilgenommen.
Sabina Geissbühler-Strupler, Präsidentin «Eltern gegen Drogen», ehem. Grossrätin Kanton Bern
Zum Drogentherapiedorf San Patrignano gehören Weinberge, grosse Weiden für Schaf-, Rinder- und vor allem Pferdezucht. Das konsequente, auf Drogenabstinenz ausgerichtete Rehabilitationskonzept berücksichtigt den psychischen und physischen Zustand der rauschgiftsüchtigen Menschen und konnte seit seiner Gründung rund 28’000 Frauen und Männer aus der Sucht hinausführen. Diese leben heute drogenfrei, sind sozial und beruflich vollständig in die Gesellschaft integriert.
Stellt man den Erfolg der von unseren Behörden geförderten Heroinabgabe (7 % Ausstiegswillige) dem Erfolg des Selbsthilfeprojekts von San Patrignano (72 % Heilungsquote) gegenüber, müsste bei uns in der Schweiz dieses Drogentherapiedorf Nachahmung finden. Als Grossrätin des Kantons Bern hatte ich einen entsprechenden Vorstoss eingereicht, doch der Druck der Drogenlegalisierungslobby gegen das Projekt war zu gross.
Verständnis und Geduld für Suchtkranke
Von der Sucht getriebene Menschen, sogenannte «hoffnungslose Fälle», finden in dieser Lebensgemeinschaft ein sinnerfülltes, würdiges Leben. Bei einem Neueintritt unterschreiben die Ankömmlinge einen Lehrvertrag, und danach übernimmt eine Person aus den Reihen der ehemals Süchtigen die Betreuung. Diese steht dem Drogensüchtigen mit viel Verständnis, Geduld und Liebe rund um die Uhr bei. Diese gefestigten ehemals Abhängigen, die selbst die schwierige Zeit in der Sucht, die schleichende Zerstörung ihrer Persönlichkeit, aber auch die Zeit des Entzugs und der Neuorientierung durchgemacht haben, scheinen die geeigneten Begleiter oder Begleiterinnen zu sein.
Das Therapiedorf bietet über fünfzig zwei-, drei- oder vierjährige Berufslehren, aber auch Schulbildung bis zur Matura sowie Studien an der Universität von Bologna an. Auffallend ist die Anleitung zu exakter, sorgfältiger Arbeitsweise, so dass ausschliesslich qualitativ hochwertige Produkte entstehen, die bis weit über die italienische Grenze hinaus einen ausgezeichneten Ruf erlangt haben. Deshalb finden die Bewohnerinnen und Bewohner von San Patrignano nach Beendigung ihrer Therapie meist mühelos eine Arbeitsstelle. Viele stellen aber auch ihr erworbenes Wissen und Können den Neueintretenden zur Verfügung, finanzieren mit ihrer Arbeit die anfangs wenig produktiven Neuankömmlinge und bleiben länger als nötig.
Förderung der Gemeinschaft
Die grosszügige Anlage verfügt über Wohnhäuser, aber auch über kleine Einfamilienhäuschen für Familien, einen Kindergarten, Schulen, ein Spital, Zahnarztpraxen, ein Tierspital, Werkstätten sowie über eine Reithalle, ein Kino, ein Theater, einen Sportplatz und ein Schwimmbad. Eindrücklich ist der für 1’500 Personen konzipierte Essraum, wo sich dreimal täglich alle Dorfbewohner treffen. Die Tische sind sorgfältig mit Stofftischtüchern und Blumengestecken gedeckt und freundliches Servierpersonal tut jeweils eine Woche lang Dienst.
Probleme, die in diesem gemeinschaftlichen Leben und während der Arbeit auftauchen, werden stets durch intensive, offene Gespräche gelöst. Das Therapiedorf bietet süchtigen Menschen eine Chance, von der Unfreiheit der Sucht loszukommen, wie sie in der Schweiz kaum zu finden ist. In San Patrignano wird den Menschen Zeit gelassen, um Vertrauen zu den Mitmenschen, echte Freundschaften und Respekt den anderen gegenüber aufzubauen. Auch lernen sie wieder Hilfsbereitschaft und Pflichtbewusstsein.
Verweis: www.sanpatrignano.org