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Meinungsäusserungsfreiheit

In der letzten Zeit drangen verschiedene Ereignisse an die Öffentlichkeit, bei der die Meinungsäusserungsfreiheit (v. a. das Kritisieren einzelner Corona-Massnahmen) von Staatsangestellten nicht gewährleistet wurde, bzw. das Ausüben dieses Grundrechtes für diese Konsequenzen hatte.
Darum haben die Kantonsräte Hans Egli, Valentin Landmann und Erich Vontobel dem Regierungsrat Fragen gestellt.

Sekretariat EDU Kanton Zürich

Die Kantonsräte wollten wissen, wie der Regierungsrat die von der Verfassung garantierte Meinungsäusserungsfreiheit interpretiert. Die Regierung antwortete wie folgt: «Die verfassungsmässige Meinungsäusserungsfreiheit gilt auch für öffentlich-rechtliche Angestellte. Allerdings kann die Meinungsäusserungsfreiheit von Angestellten der kantonalen Verwaltung durch die für sie geltende Treuepflicht eingeschränkt werden: Öffentlich-rechtliche Angestellte haben alles zu unterlassen, was das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität der Verwaltung oder die Vertrauenswürdigkeit gegenüber dem Arbeitgeber herabsetzen könnte.» Dabei beruft sich die Regierung auf § 49 des Personalgesetzes vom 27.9.1998.

Maulkorb «Treuepflicht»?

Weiter fragten die Kantonsräte: Über die Verhältnismässigkeit von Corona-Massnahmen kann man geteilter Meinung sein. Wo sieht der Regierungsrat mögliche Gefahren, wenn gerade bei diesem sensiblen Thema die Kantonspolizei Gesinnungsethik einfordert, und was wären zu ergreifende Massnahmen? Darauf antwortete der Regierungsrat: «Das kantonale Personalrecht lässt selbstverständlich Raum für abweichende Meinungen in politisch umstrittenen Themen. Äusserungen von Staatsangestellten sind unter den bereits erklärten Schranken möglich, sofern sie mit der Treuepflicht vereinbar sind». Sagt damit die Regierung, dass im Zweifel die Treuepflicht über der Meinungsäusserungsfreiheit steht?

Pikanterweise übersieht diese Interpretation folgenden Wortlaut von § 49: «Die Angestellten haben sich rechtmässig zu verhalten, die Rechte und Freiheiten des Volkes zu achten, […] und die Interessen des Kantons in guten Treuen zu wahren.» Dies steht im Gegensatz zur Einschränkung der Meinungsäusserungsfreiheit, welche die Regierung in diesem Paragraf sehen möchte. Staatsangestellte haben in ihrer Tätigkeit im Gegenteil auf Rechtmässigkeit von Massnahmen zu achten sowie die Rechte und Freiheiten des Volkes zu wahren. Denn Staatsangestellte sind per Definition Diener des Volkes. Angestellte, welche gemäss diesem Gesetz die Rechte und Freiheiten des Volkes schützen, dienen den Interessen und dem Ansehen des Kantons Zürich.
Insofern schränkt dieser Paragraf die Meinungsäusserungsfreiheit von Staatsangestellten nicht in der Weise ein, wie die Antwort der Regierung glauben machen will. Es ist wohl eher das Gegenteil der Fall.