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Ja zu Strom aus der Schweiz

Windenergie kann mithelfen, das Importsaldo der Schweiz im Winter zu reduzieren.

David Gautschi, Energieexperte und Elektroingenieur ETH

Die Energiestrategie 2050 sieht in der Windenergie grosses Potenzial. Ein wesentlicher Vorteil der Windkraft ist, dass sie zwei Drittel im Winterhalbjahr produziert, wenn der Bedarf am höchsten ist. Im Gegensatz zur Photovoltaik, die überwiegend im Sommer Strom liefert und von der wir bis 2050 etwa 35 GWp installiert haben sollen, belasten Windkraftwerke die Stromnetze kaum.

Eine moderne Windkraftanlage mit 5 MW kann im Mittelland an einem typischen Standort ca. 8 GWh Strom pro Jahr erzeugen, genug für rund 1’800 Haushalte. Um 4’000 GWh Strom mit Windenergie zu produzieren, wären etwa 500 Anlagen nötig. In der Regel werden Windparks mit nur wenigen Anlagen geplant, da oftmals aufgrund des Schutzes von Biotopen, Landschaftsschutzzonen oder des Denkmalschutzes nicht mehr möglich sind. Da Windräder vorwiegend im Winter produzieren, helfen sie, die Entleerung der Speicherseen zu reduzieren und Energieengpässe zu vermeiden. Das Argument «Flatterstrom» sticht nicht, da die Energie zu Zeiten hoher Nachfrage erzeugt wird.

Die zukünftige Herausforderung liegt in der Integration der Photovoltaik, die im Sommer grosse Leistungsspitzen erzeugt (über Mittag ca. 30 GW, d.h. 30-mal die Leistung des Kernkraftwerks Gösgen). Aufgrund der Photovoltaik, des zunehmenden Einsatzes von Wärmepumpen, aber auch aufgrund der Elektromobilität müssen die Netze stark ausgebaut werden.

Argumente und Gegenargumente

Nur für ein Argument gegen Windkraft gibt es kein überzeugendes Gegenargument: Das Erscheinungsbild. Für manche sind Windräder Zeichen des Fortschritts, ähnlich wie Hochspannungsleitungen vor einigen Jahrzehnten. Andere stören die hohen Strukturen und die drehenden Rotorblätter. In diesem Punkt kann man unterschiedlicher Meinung sein.

Alle anderen Argumente wie Lärm, Infraschall oder die Beeinträchtigung des Grundwassers sind übertrieben oder unbegründet. Wenn Sie Zweifel haben, besuchen Sie den Windpark Juvent bei Saint-Imier und überzeugen Sie sich selbst. Ich war schon oft dort und konnte mich ohne Probleme in normaler Lautstärke unterhalten, obwohl die Anlagen mit voller Leistung liefen. Ab 500 Metern Entfernung sind moderne Windräder kaum noch hörbar, weil die Umgebungsgeräusche überwiegen.

Sollen wir in der Nordsee produzieren?

Oft wird genannt, dass die Windenergie nur wenig Volllaststunden aufweist. Tatsächlich finden wir in der Schweiz nicht dieselben Windverhältnisse wie in der Nordsee. Aber wussten Sie, dass der Strom, der in der Nordsee erzeugt wird, doppelt so teuer ist wie derjenige von Windkraftanlagen an Land? Wie kann es sein, dass bereits 20 europäische Länder mehr als 10% des Stroms aus Windenergie gewinnen, während die Schweiz zu den Schlusslichtern gehört? Deutschland erzeugt 25% seines Stroms aus Windkraft und in Österreich, das der Schweiz in der Topografie ähnlich ist, erreicht die Windenergie bis 15%. Zwar sind die Windkraftwerke in der Schweiz nur zu 20% ausgelastet, aber das ist immer noch doppelt so viel wie bei der Solarenergie. Daher ist dieser Wert nicht besonders aussagekräftig.

Alle Energieerzeugungsformen haben Nachteile. Windenergie hingegen bietet den Vorteil, dass die Anlagen nach 25 Jahren Betrieb einfach zurückgebaut werden können.

Die Diskussion über Energie wird oft unsachlich geführt und man spielt verschiedene Energiequellen gegeneinander aus. Dabei wird oft nicht auf das vorhandene Potenzial und die Kosten geschaut.

In der Schweiz ist das Potenzial der Wasserkraft bereits weitgehend ausgeschöpft. Neue Kernkraftwerke weisen Strom-Gestehungskosten auf, die weit höher liegen als diejenige von Windkraftwerken. Und anders als bei Windkraft kommt die Primärenergie in Form von Brennstäben aus dem Ausland. Damit die Schweiz eine sichere Energiezukunft hat, müssen alle umweltfreundlichen Energiequellen ausgebaut werden. Windenergie ist eine davon und kann einen wichtigen Beitrag leisten.

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