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Ist diese Art Notrecht noch verhältnismässig?

Im Juni stimmten rund 40 % gegen das neu geschaffene Covid-19-Gesetz. Anschliessend wurden fast 190’000 Unterschriften gegen die Gesetzeserweiterung vom März 2021 eingereicht – ein Referendumsrekord. Nun können wir am 28. November nochmals über das umstrittene Gesetz abstimmen.

Von Grossrat Samuel Kullmann

Bei der ersten Abstimmung konnten sich wohl die wenigsten vorstellen, dass der Bundesrat im September eine weitgehende Zertifikatspflicht beschliessen würde. Die Massnahmen des Bundesrats müssen als unverhältnismässig bezeichnet werden.

«Notrecht» versus Bundesverfassung?

In Artikel 5 der Bundesverfassung steht:
Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns
1 Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
2 Staatliches Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein.

Leider hat sich die Corona-Politik des Bundesrats zunehmend von diesen Prinzipien entfernt. Die Massnahmen unserer Landesregierung sind aus diesen Gründen unverhältnismässig: Erstens wurden verschiedene elementare Grundrechte seit März 2020 vom Bundesrat immer mehr eingeschränkt. Je länger diese Einschränkungen anhalten, desto gewichtiger müssten die Gründe dafür sein. Spätestens seit alle Gelegenheit zur Covid-Impfung haben, gibt es für Einschränkungen keine Rechtfertigung mehr. Auch der Bundesrat beurteilte dies ursprünglich so.
Zweitens nehmen der Druck auf Ungeimpfte und damit die Spaltung der Gesellschaft zu. Es ist nachvollziehbar, dass unterschiedliche Betrachtungsweisen der Corona-Situation zu Spannungen und Konflikten in unserer Gesellschaft bis hinein in Familien und Gemeinden führen können. Angesichts der Komplexität der Thematik stellt sich die Frage, wem man überhaupt vertrauen soll – und kann. Sie sollte von allen eigenverantwortlich beantwortet werden dürfen. Aus meiner Sicht gibt es gute Gründe, auf die Covid-Impfung zu verzichten, besonders je gesünder und jünger jemand ist.

Immense Neuverschuldung, fragwürdige Parameter

Schliesslich haben die Corona-Massnahmen den Volkswirtschaften weltweit immensen Schaden zugefügt. Viele Entwicklungsländer wurden bei der Bekämpfung der Armut um Jahre zurückgeworfen. Gröbere Verwerfungen für die Schweizer Wirtschaft konnten durch die Anhäufung von bis zu 40 Milliarden Franken an neuen Schulden abgefangen werden. Trotzdem mussten nicht wenige Unternehmen Konkurs anmelden. Nach den letzten 18 Monaten hätte der Bundesrat diese Schäden auf keinen Fall mit der Zertifikationspflicht vergrössern dürfen. Statt einer wirtschaftlichen Erholung sehen sich verschiedene Betriebe nun mit einem Umsatzrückgang konfrontiert, der noch grösser werden dürfte.

Angesichts dieser Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft muss man die Frage stellen, ob die Covid-Situation diese Massnahmen rechtfertigt. Seit der vierten Welle sind zwischen Ende Juni und Mitte Oktober 317 Personen an oder mit Covid gestorben, 72 % davon älter als 70 Jahre. In derselben Zeitspanne starben jedoch rund 2800 Menschen allein an den Folgen des Rauchens! Viele weitere sterben frühzeitig an den Folgen eines andersartigen ungesunden Lebensstils oder nehmen teure Spitalleistungen in Anspruch. Als Gesellschaft haben wir dies bisher akzeptiert und solidarisch mitgetragen bzw. mitbezahlt.

Angesicht dieser Tatsachen darf die Unverhältnismässigkeit der Corona-Massnahmen nicht mehr toleriert werden. Ein überzeugtes Nein zur gefährlichen Erweiterung des Covid-19-Gesetzes scheint die richtige Antwort zu sein. Diese Haltung teilen auch die Delegierten der EDU Schweiz.

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